Die „Weiße Brücke“ in der Hauptstraße
von Manfred Falkenberg, Mozartstraße 13, 72119 Ammerbuch, mpfalkenberg@gmx.de
Die wichtigste und bekannteste Brücke in Freudenfier war ohne Zweifel die „Weiße Brücke“. Sie ist auf dem Plan von Freudenfier von 1830 schon verzeichnet. Auf dem im Jahre 1882 fertig gestellten Stammbaum der Familie Gramse ist die älteste Ansicht von Freudenfier zu sehen. Hier erkennt man, dass eine Holzbrücke über die Pilow führt. In der Hauptstraße in Freudenfier überquert dort die Pilow ab 1934 die Reichsstraße 1, die von Aachen über Berlin nach Königsberg in Ostpreußen ging. Auch schon vorher war diese Brücke sehr wichtig. Es war eine recht schmale Brücke aus Feldsteinen gebaut im Durchfluss der Pilow aus Holz und mit Holzgeländer. Schon immer führte neben der Brücke in der Pilow eine Furt. Durch diese fuhren die Bauern mit ihren Gespannen auf dem Weg zum Feld. Auch wurden Kühe und Kälber auf dem Weg zur Weide durchgetrieben. Als diese Brücke dann dem steigenden Verkehr nicht mehr gewachsen war, wurde im September 1923 begonnen neben der alten eine neue Brücke zu bauen. Diese Betonbrücke wurde von der Firma Windschild & Langelott aus Berlin erbaut. Im Jahre 1925 war es dann soweit, die neue Brücke über der Pilow, die „Weiße Brücke“, wurde dem Verkehr übergeben. Schon von der Form her war diese „Weiße Brücke“ eine Augenweide und war neben der katholischen Jakobuskirche ein Wahrzeichen von Freudenfier. Danach konnte dann die alte Brücke abgebrochen werden.
Ansichtskarte von Freudenfier von 1912 mit der Pilowbrücke in der Hauptstraße.
Der Deutsch Kroner Konrad Gramse, im Urlaub aus Berlin dorthin zurück gekehrt, machte in den 1930ger-Jahren mit Freunden einen Ausflug zum Teufelsspring im Rohratal bei Freudenfier. Mit ihren Motorrädern machte man in Freudenfier erst mal Halt. Konrad Gramse schreibt: „In Freudenfier wurde angehalten. Es ist immer wieder schön von der Weißen Brücke dem fließenden Wasser der Pilow zuzuschauen und die Gedanken mit dem Wasser mitgehen zu lassen. … Hier in Freudenfier hat die aus dem Pielburger See im Kreis Neustettin entstammende Pilow bereits 35 Kilometer Laufstrecke hinter sich. Fleißig wie unsere ostdeutschen Menschen arbeitet sie und gibt mehreren Mühlen und Hammerwerken die nötige Antriebskraft, so im Kreise Deutsch Krone in Rederitz, Hoppenmühl, Klawittersdorf und Zechendorf. Jahrein, jahraus fließt das Pilowwasser dem Meere zu, …“
Ansichtskarte von Freudenfier mit der „Weißen“ Brücke im Jahre 1925.
Schon lange bevor es die „Weißen Brücke“ gab, lief mal ein einsamer Zecher zu später Nachtzeit in Richtung Pilowbrücke. Er kam aus dem Krug und hatte tüchtig getankt. Doch statt auf der Brücke die Pilow zu überqueren, kam er von der Fahrbahn ab und stolperte den Abhang herunter der Pilow zu. In der Dunkelheit rutschte er sogar in die eiskalte Pilow. So stand er bis über den Knien im eiskalten Pilowwasser und kam nicht mehr vor und zurück. Alles Rufen half nichts, man hörte ihn nicht. So blieb er bis zum frühen Morgen in der Pilow stehen. Von Zeit zu Zeit nahm er aus seiner Schnapsflasche, die er in seiner Joppentasche gut verwahrt hatte, einen kräftigen Schluck zum Aufwärmen. Erst in den Morgenstunden wurde er von Anwohnern entdeckt und aus der Pilow geholt. Natürlich wurde an der „Weißen Brücke“ in der warmen Jahreszeit auch gebadet. Viele der Anlieger an der Pilow legten dort auch ihre Nachtangeln aus, um Lachse, Forellen, Hechte, Quappen und Aale zu fangen.
Diese „Weiße Brücke“ war auch sehr wichtig, als zu Beginn der Flucht am 27. Januar 1945, aber auch schon Wochen vorher, sich die Flüchtlingsströme in Richtung Westen bewegten. Am 30. Januar 1945 kamen dann deutsche Pioniere nach Freudenfier und sprengten auch die „Weiße Brücke“. Von den Polen wurde neben den Trümmern behelfsmäßig eine Holzbrücke erbaut. Danach wurde eine neue Pilowbrücke aus Beton erbaut. Diese Brücke diente bis zum Jahre 2009 dem immer stärker werdenden Verkehr auf der polnischen Straße Nr. 22, die von Küstrin über Landsberg, Deutsch Krone, Freudenfier und Jastrow nach Danzig führt. Im Jahre 2009 wurde mit dem Bau einer neuen Brücke in Freudenfier (Szwecja) begonnen. Die alte Brücke konnte in dieser Bauzeit nur mit einer Ampelschaltung überquert werden. Im Jahre 2010 wurde diese Brücke dem Verkehr übergeben. Es ist eine schöne Brücke geworden, dies konnten Heimatfreunde bestätigen, die ihre alte Heimat besuchten. Wenn auch die „Weiße Brücke“ nun schon 70 Jahre nicht mehr steht, ist sie für uns Freudenfierer noch immer unsere „Weiße Brücke“ und war ein Wahrzeichen von Freudenfier.
Die neue Brücke in Freudenfier (Szwecja) in der Hauptstraße (ul. Glowna)
über der Pilow (Pilawa) 2011. Aufnahme: Gottfried Koltermann, Overrath.